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Apple: Trend, Deckel und Apple Pay ...

Lage & Szenarien vom 21.8.2022

Die Börse von Apple

Von Frank Sauerland

Das Unternehmen Apple und das Adjektiv „langsam” gehen zunächst nicht zusammen. Apple-Gründer Steve Jobs war alles andere als geduldig. Sein Nachfolger Tim Cook gilt als Kostenkiller. Er hat den iPod auf dem Gewissen. Die HomePod Lautsprecher schoss er drei Jahren nach Markteinführung ab, da sie nicht performten. Apple ist Hightech, ist Design, ist angesagt. Geduld und Langsamkeit sind so ziemlich das Gegenteil: nix Tech, gemütlich Sofa und Langeweile.

Apple gelingt jedoch gerade das Kunststück, in Deutschland kaum bemerkt, beides zusammenzubringen, also den Hightech-Konzern und die Langsamkeit, und daraus möglicherweise eine Cashmaschine für die nächsten Jahrzehnte zu konstruieren.

Bevor ich Details erzähle, skizziere ich schnell die Marktlage: In der abgelaufenen Woche gingen die Kurse zunächst hoch, in der zweiten Wochenhälfte fielen sie. Es gab Fed-Nachrichten, Halbwichtige-Wirtschaftsmänner-Interviews und Aufreger der B-Klasse. Geblieben sind die Sonne und der Sommer. Nächste Woche dürfte es ähnlich sein. Mein Szenario: Die A-Liga der Börsenhändler, die mit großem Geld wirklich Kurse bewegen, hat zur Zeit Besseres zu tun, in den Hamptons, auf den Kanaren, an mittelamerikanischen Stränden. Sie planschen mit ihren Kindern, schlürfen Caipirinhas und genießen den Sommer. Börse ist nicht so wichtig.

Letzten Sonntag fragte ich, ob ich mich heute mit den mittelfristigen Börsenaussichten der Zurich Insurance befassen sollte. Es gab viele Rückmeldungen, danke!, und ein eindeutig zweideutiges Meinungsbild: Die eine Hälfte der Emailschreiber sagte „ja”, die andere „nein”. Das macht mir die Entscheidung einfach, da ich sie mir aussuchen kann. Ich verschiebe Zurich Insurance auf „vielleicht später”, Apple ist gerade spannender:

2014 führte Apple den Service Apple Pay ein. Statt mit der Kreditkarte konnten Apple Pay-Nutzer über ihr Handy bezahlen. Zuerst wurde der neue Dienst von Börsianern und Apple-Jüngern kaum registriert, anschließend kaum benutzt und schließlich verlacht und fast vergessen. Tim Cook blieb geduldig, er stellte Apple Pay nicht ein.

Nur langsam ändert sich menschliches Verhalten. Wir sind an Bargeld und Kreditkarten gewöhnt. Ein Handy als Bezahloption bringt wenig Vorteile, scheinbar.

Zunächst löste Tim Cook das Henne-Ei-Problem. Apple Pay fehlten die Akzeptanzstellen. Diese zu akquirieren brauchte Zeit. Cook besaß die Zeit und setzte sie ein. Schließlich verdiente Apple mit anderen Produkten genug und konnte sich eine Durststrecke bei Apple Pay leisten. Nun sind ausreichend Akzeptanzstellen da, und die Nutzer haben sich an Apple Pay gewöhnt. Stadtbewohner und US-Teenager mögen den Dienst besonders, wollen Investmentbanker festgestellt haben. Apple Pay war 2016 auf 10 Prozent der iPhones aktiviert, 2017 waren es 20 Prozent. 2018 sprang der Wert auf 50 Prozent, heute sind es 75 Prozent. In den USA akzeptieren mittlerweile 90 Prozent aller Geschäfte Apple Pay.

Apple kooperiert jetzt mit der Investmentbank Goldman Sachs. Die Option „buy now, pay later” soll iPhone-Nutzern angeboten werden und damit wäre der Einstieg ins Bankgeschäft für Apple geschafft. Nach den Kreditkarten könnte der Führerschein ins iPhone überführt werden, dann die Krankenkassenkarte: Das sind interessante Aussichten. Nicht so gute für Datenbesorgte, hervorragende für Börsianer, denn die Geldmänner und -frauen mögen fantasievolle Storys, die nach „The-Winner-takes-it-all” klingen und neue, gleichmäßige Einnahmeflüsse versprechen.

Tim Cook wurde ab und zu als Erzpragmatiker kritisiert, hier erweist er sich als Visionär. Er hat mit Geduld und Geld die mögliche nächste Gewinnmaschine für Apple konstruiert. Die Deutung des wahrscheinlichen langfristigen Kurstrends der Aktie erfordert keine großen Analysekünste, der Trend zeigt nach oben, nur der Deckel muss noch weg. Ich habe ihn im Chart als waagerechte Linie eingezeichnet.

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