
Lage & Szenarien vom 6.3.2022
Drei Chartbilder zu Aktien-Trends in Ukraine-Kriegszeiten
Von Frank Sauerland
Ein Konflikt entsteht, wenn unterschiedliche Interessen oder Ansichten aufeinander stoßen. Die äußerste Form des Konfliktes ist die gewalttätige Auseinandersetzung. Zwischen Staaten ist die äußerste Konfliktform der Krieg.
Die Auseinandersetzung wird geführt, um eine Lösung herbeizuführen. Je dringender die Lösung gesucht wird, desto entschiedener sind die Mittel, welche die Gegner einsetzen. Der Krieg will den Zustand der Lösung mit maximalem Mittel erzwingen.
Der DAX stürzte in Folge des Ukraine-Krieges ab. Der Chart oben zeigt Wochenkerzen. Pfeil 1 habe ich beim Corona-Kurseinbruch gesetzt, Pfeil 2 zeichne ich beim aktuellen Ukraine-Krieg. — Wir sehen den Kurs-DAX. In ihm werden die Aktienwerte ohne aufsummierte Dividenden notiert. So wird es bei der Mehrzahl der internationalen Indices gemacht. Der Kurs-DAX ist damit besser vergleichbar mit internationalen Indices. Beim in Deutschland häufiger veröffentlichten DAX werden die Dividenden in die Kursentwicklung eingerechnet, der DAX verstärkt damit optisch seine Aufwärtsentwicklung.
Der Kurs-DAX ist jetzt wieder auf dem Stand vom April 2019 angekommen. Wer in dieser Zeit immer voll investiert war, hat sämtliche zwischenzeitlichen Gewinne verloren. Um hier Gewinne zu sichern, half nur konsequentes Risikomanagement, wie ich es hier bereits geschildert habe.
Wenn ich in der Nähe eines aktuellen Konfliktherdes lebe und seine ökonomischen Auswirkungen (nur um die geht es hier) einschätzen möchte, hilft es zu versuchen, den Konflikt zusätzlich gedanklich aus weiterer räumlicher, kultureller und ökonomischer Entfernung wahrzunehmen.

Der Volatiliy S+P 500 Index (VIX) bildet die Volatilität des S+P 500 ab. Ich zeige Wochenkerzen. Der S+P 500 ist ein US-Leitindex, in welchem die 500 größten US-amerikanischen Unternehmen aufgenommen sind. Volatilität bezeichnet die Schwankungsbreite von Aktienkursnotierungen. Man kann den VIX als Angstindex begreifen.
Zu Coronazeiten schoss der VIX in die Höhe. Er fiel zügig wieder zurück und bildete danach eine sanfte Senke aus. Wir befinden uns aktuell auf der rechten Seite der Senke, der VIX steigt, ein echter Angstausschlag ist trotz der Kampfhandlungen in der Ukraine nicht zu sehen.
Natürlich kann sich das ändern. Der Markt wird zur Zeit von ständig neuen Konfliktnachrichten getrieben, und ein Chart kann nur die Vergangenheit dokumentieren. Dennoch bleibt die objektive Information aus der außereuropäischen Sicht: Eine Panik findet zur Zeit nicht statt. Der Konflikt in Europa ist registriert, die Volatilität steigt in Maßen, Portfolios werden umgeschichtet.
Ein naheliegender Gedanke ist, dass nun in Rüstung investiert wird. Ich habe das als menschliche Verhaltensweise zu akzeptieren, auch wenn ich es als moralisch bedenklich empfinden mag. Menschen rüsten sich vor und während eines Konflikts. Als forschender Investor schaue ich, ob sich das im Marktbild niederschlägt.

Im iShares US Aerospace + Defense (ITA) sind große börsennotierte US-Flugzeug- und Verteidungsunternehmen versammelt. Militär- und Zivilgeschäftsbereiche sind in dem ETF vermischt, ähnlich wie sie bei vielen Unternehmen aus der Branche vermischt sind. Jede Kerze im Chart stellt eine Woche dar. Vor der Corona-Krise war der Sektor im Aufwärtstrend. Dann stürzten die Kurse, Pfeil 1. Die Reaktion der Anleger war nachvollziehbar. Flieger und Raketen helfen nicht gegen Viren. Dazu streicht die Zivilluftfahrt die Flugpläne zusammen, da Urlauber und Geschäftsreisende ausbleiben.
Der Kursaufstieg aus der Pandemie zeichnet im Prinzip die Hoffnungen, Erfolge und Misserfolge bei der Bekämpfung der Pandemie nach. Seit Juli letzten Jahres geht es nicht mehr voran, eine Senke bildet sich aus. Auch jetzt in Konfliktzeiten misslingt bisher ein Kursausbruch.
Zunächst scheint das erstaunlich zu sein. Ich habe einen Erklärversuch, der zugleich eine Chance offenbart. Im Index überlagern sich zwei gegensätzliche Tendenzen. Rüstung ist während eines militärischen Konfliktes sicher gefragt. Zugleich sind aber die rechtlichen Beschränkungen, die zur Bekämpfung der Pandemie von Staaten eingeführt worden sind, noch nicht komplett aufgehoben, das drückt die Kurse. Ist die Pandemie vorbei oder zumindest so weit zurückgedrängt, dass sie im Alltag keine bestimmende Rolle mehr spielt, werden die Menschen reisen wollen.
Für mich ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Kurse von Unternehmen des Sektors in den nächsten Wochen und Monaten steigen werden, da die zivile Luftfahrt wieder auflebt, es sogar Nachholeffekte geben wird. Zusätzlich wird es Rüstungsaufträge geben. Bisher hat der ITA noch nicht mal das Kursniveau erreicht, welches er vor dem Ausbruch der Pandemie hatte.
Meine Aufgabe als Investor ist es, eine aktuelle Lage zu begreifen und daraus ein mögliches Szenario für die Zukunft zu entwickeln.
Ein Konflikt löst sich. Die eine oder die andere Seite siegt. Je höher der Aufwand an Mitteln zur Erzwingung einer Entscheidung ist, desto schwieriger ist es, den Aufwand aufrecht zu erhalten, die Entscheidung kommt mit Wahrscheinlichkeit umso schneller. Auch ein Patt ist eine Lösung.
Egal wie ein Konflikt ausgeht, es werden Wunden bleiben. Aber die Parteien werden sich gewöhnen, sich arrangieren und beruhigen. Eliten und Entscheider werden Lehren aus dem Geschichte gewordenen Konflikt ziehen. Während der Konflikt eine Ballung ist, die auf eine punktuelle Entscheidung drängt, ist die Lösung ein länger dauernder Zustand.
Was werden Menschen machen, die sich in der künftigen Lösung eingerichtet haben? Das ist die Frage, die ich als Investor zu beantworten habe. Inflation wird eine Folge des Ukraine-Konfliktes sein. Rohstoffe und Getreide werden knapper werden. Unternehmen werden mehr Vorprodukte lagern, um unabhängiger zu werden von unsicheren Lieferketten. Energie wird teurer werden.
Welche Unternehmen werden profitieren? Hast du Ideen? Dann schicke mir eine Email. — Ich sehe Trends und werde sie nächsten Sonntag in Lage & Szenarien vorstellen, zusammen mit Ideen, die ich vielleicht in meinem Email-Postfach finde. Ich zitiere mit abgekürzten Einsendernamen.
Immer sonntags vor der anbrechenden Handelswoche schreibe und verschicke ich die kleine Marktvorbereitung Lage & Szenarien → hier auf meinem privaten Emailverteiler eintragen und Lage & Szenarien am Sonntagmorgen im eigenen Email-Postfach haben. — Lebenspraktischer Hinweis für Inhaber eines Email-Accounts von T-Online oder GMX: Die zwei Anbieter unterlassen es in den meisten Fällen, meine automatische Bestätigungsmail auf deine Newsletteranmeldung in dein Email-Postfach zu legen. Ohne einen Klick deinerseits auf den Button in der (nicht zugestellten) Bestätigungsmail bist du nicht auf meinem privaten Verteiler, erhältst kein sonntägliches Lage & Szenarien. Bitte melde dich in solch einem Fall formlos per Email bei mir, ich setze dich von Hand auf die Liste.